Alles eine Frage der Gene
Kennst Du Dein Genom? Den Bauplan, der in all Ihren Zellen hinterlegt ist und Dich als Mensch ausmacht? Und was hat der mit HPU zu tun? Eine ganze Menge! Denn so vielfältig die Symptome bei HPU auch sein können, HPUler haben eins gemeinsam: Sie sind schlechte Entgifter. Doch wo genau liegen die Schwachstellen in Deinem persönlichen Stoffwechsel? In der Entgiftungsphase I oder II, in der Methylierung oder ganz woanders? Welche aktive Form von Vitamin B12 ist die richtige für Deinen Stoffwechsel? Methylcobalamin oder Adenosylcobalamin? Welche genetische Vorbelastungen schlummern in Deinem Genom? Mit welchen Nährstoffen kannst Du Deinen Stoffwechsel besonders gut unterstützen, worauf solltest Du besser verzichten? Ein Gentest wird Dir Antworten auf all diese Fragen liefern.
Gentests in Deutschland
Labore in Deutschland analysieren zwar Deine Gene – allerdings nicht alle und in den meisten Fällen musst Du für jedes Gen einzeln bezahlen. So kommen bei 5 bis 10 Genen schnell um die 1.000 Euro zusammen. Der große Vorteil dabei: In Deutschland unterliegen Deine genetischen Daten wie andere medizinische Untersuchungen strengen Datenschutzvorschriften.
Gentests aus den USA und England
In den USA sind umfangreiche Genanalysen bereits für 90 bis 300 Euro zu bekommen. Die US-amerikanischen Anbieter „23andme“ und „Ancestry“ sorgten jedoch bereits für Schlagzeilen, weil sie die Daten ihrer Kunden an Pharmakonzerne verkauft hatten.
Das Testlabor „MTHFR-Genetics“ in England schließt eine Weitergabe der Daten in seinen Datenschutzrichtlinien aus. Derzeit erhält man als Selbsttester hier mit ca. 650.000 analysierten SNPs die umfangreichste Testung auf dem europäischen Markt.
Auch die Auswertung der Daten ist sehr Anwender-freundlich. Zusätzlich zu den Rohdaten erhält der Nutzer einen „Variationsreport„, in dem etwa 250 SNPs auf Englisch näher beleuchtet werden. Alle Aussagen zu den SNP-Konstellationen sind mit wissenschaftlichen Studien belegt und übersichtlich dargestellt.
Eine gute Grundlage, um sich mit dem Thema Gene und ihren Auswirkungen auf den Stoffwechsel vertraut zu machen, ist das Buch des amerikanischen Arztes Dr. Ben Lynch „Schmutzige Gene„.
So funktioniert ein Gentest
Das Prozedere eines Gentests ist einfach: Nach dem Kauf des Tests auf den Webseiten der Anbieter erhält der Kunde ein Testset per Post zugeschickt, mit dem er eine Speichelprobe ans Labor zurücksenden kann. Einige Wochen später kommt das Ergebnis per Email.
Was dort untersucht wird, ist allerdings nicht der komplette genetische Code. Hier geht es um Polymorphismen, genauer gesagt um Single-Nukleotid-Polymorphismen, abgekürzt als SNP, gesprochen als „Snip“. Was ist das überhaupt? Um das zu verstehen, müssen wir zunächst einen Blick auf unser Genom, die Gesamtheit unserer genetischen Informationen, werfen.
Haben wir alle denselben genetischen Code?
Nein, aber fast! Von den 3 Milliarden Basenpaaren, die wir in unserem Genom vorfinden, sind 99,9 % bei allen Menschen identisch. Mit Schimpansen beträgt die Gemeinsamkeit übrigens 98,5 %.
Die genetischen Unterschiede, die für unser unterschiedliches Aussehen, unsere verschiedenen Fähigkeiten, Vorlieben und Abneigungen, aber auch für unseren Gesundheitszustand verantwortlich sind, nennt man Polymorphismen. Davon gibt es im menschlichen Genom nach heutigem Kenntnisstand etwa 10 Millionen.
Als Polymorphismus bezeichnet man das Auftreten mehrerer Genvarianten innerhalb einer Population.
Der am besten untersuchte Polymorphismus ist der SNP. Dabei ist eine Base (heterozygot) oder beide Basen (homozygot) an einer Stelle des genetischen Codes anders als beim Rest der Allgemeinbevölkerung. Jeder Mensch besitzt etwa 1 Million SNPs.
Sind SNPs schädlich für die Gesundheit?
Nein, das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Während die meisten SNPs unser Leben nicht besonders stark beeinflussen, können sich einige SNPs beträchtlich auf unsere körperliche und geistige Gesundheit auswirken. SNPs können uns grundsätzlich sowohl positiv, als auch negativ beeinflussen. Manche sogar positiv UND negativ.
Ein Beispiel für SNPs mit großen Auswirkungen auf den Körper sind die SNPs im MTHFR-Gen. Sie kommen bei HPUlern besonders häufig vor.
Das MTHFR Gen
MTHFR ist ein besonders wichtiges Gen, da es den Methylierungszyklus im Körper beeinflusst. Dabei stattet der Körper Gene, Enzyme und biochemische Stoffe mit Methylgruppen (chemisch -CH3) aus, die sie für ihre Funktionsfähigkeit unbedingt benötigen. SNPs im MTHFR-Gen können weitreichende Folgen haben, da der MTHFR-gesteuerte Methylierungszyklus mindestens 200 Prozesse im Körper mit Methyl versorgt. Störungen können sich äußern in:
- einem niedrigen Energielevel,
- Depressionen,
- Angst, Benommenheit,
- Chemikaliensensitivität,
- einem aufbrausenden Temperament,
- einer Schilddrüsenunterfunktion,
- einer geringen Anzahl weißer Blutkörperchen,
- einer schlechten Verträglichkeit von Alkohol,
- starken Nebenwirkungen bei Lachgas (Distickstoffmonoxid),
- erhöhten Homocysteinwerten im Blut (> 12 µmol/L),
aber auch in positiven Eigenschaften wie:
- Zielstrebigkeit,
- sehr guter Konzentrationsfähigkeit,
- guter DNA-Reparatur,
- hoher Leistungsfähigkeit („Streber“) und
- einem verminderten Darmkrebsrisiko.
Das Gen MTHFR codiert für ein Enzym namens Methylentetrahydrofolat-Reduktase. Die am besten untersuchten SNPs im MTHFR-Gen sind A1298C und C677T. Am Beispiel von C677T wird schnell klar, wie stark ein homozygoter (beide Basen verändert) oder ein heterozygoter (eine Base verändert) SNP an dieser Stelle die Aktivität des Enzyms beeinflussen:
Gene sind kein Schicksal
Gene sind kein Schicksal, in das wir uns machtlos fügen müssen. Das beschreibt Dr. Ben Lynch in seinem Buch „schmutzige Gene“ sehr eindringlich: „Italien weist eine hohe Rate eines SNP-Typs auf, der die MTHFR-Funktion auf 30 Prozent senkt. Die meisten Italiener, selbst schwangere Frauen, nehmen kein Nahrungsergänzungsmittel mit B-Vitaminen ein. Und doch gibt es in Italien nur wenige Kinder, die mit den für MTHFR-SNPs typischen Geburtsfehlern zur Welt kommen.“ Warum? Das liegt an der gemüsereichen Ernährung, dem sonnigen Italien und dem geselligen, stressabbauenden Lebensstil der Italiener.
Buchempfehlungen:
Zum Einstieg in die Thematik: Schmutzige Gene von Dr. Ben Lynch
Zur Analyse wichtiger Gene: Hör auf Deine Gene von Robert Krug
Für Profis (Buch auf Englisch): Genetic Testing von Dr. Christy L. Sutton