Im Vorschulalter häufen sich Emils Probleme in der Kita. Seine sozial-emotionale Entwicklung macht nur schleppend Fortschritte. Er schafft es nicht, mit anderen Kindern Kontakt aufzunehmen. Seine Annäherungsversuche durch Beißen, Schubsen und Treten werden von Erziehern, Kindern und Eltern immer weniger toleriert. Während sein Bruder in Kita, Sportverein und Nachbarschaft einen großen Freundeskreis aufgebaut hat, macht sich Emil binnen weniger Stunden in jeder Gruppe von Kindern extrem unbeliebt.
Steht Emil unter einer besonderen Anspannung, zum Beispiel beim Laternenumzug oder wenn der Nikolaus in die Kita kommt, gibt es vermehrt Tobsuchtsanfälle.
Kitwechsel bringen keine Besserung
Emil wechselt in drei Jahren zweimal die Kita, doch die Probleme bleiben. Die Tobsuchtsanfälle, in denen er minutenlang mit hochrotem Kopf schreiend auf dem Boden liegt oder mit Gegenständen nach anderen wirft, greifen auch aufs häusliche Umfeld über. Besonders nach langen Tagen in der Kita, nach größeren mentalen oder körperlichen Anstrengungen oder auf Reisen rastet Emil regelmäßig aus. Er spürt mittlerweile sehr deutlich die Ablehnung der anderen Kinder und hat ein ausgeprägtes Störungsbewusstsein entwickelt.
Kurz vor der Einschulung ist er dank intensiver logopädischer Förderung sprachlich auf einem sehr guten, mindestens altersgerechten Niveau angekommen. Ein Intelligenztest mit fünf Jahren ergibt einen IQ von 118 Punkten. Zu diesem Zeitpunkt steht zum ersten Mal die Verdachtsdiagnose Asperger Autismus im Raum.
Schulstart zunächst unkompliziert
Emils Start in der Grundschule verläuft zunächst reibungslos. Er trifft auf eine außergewöhnlich verständnisvolle Lehrerin, deren Sohn mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte. Seine sehr guten schulischen Leistungen, seine Merkfähigkeit und sein Abstraktionsvermögen fallen positiv auf und stärken sein Selbstbewusstsein. Er erledigt gewissenhaft seine Hausaufgaben und legt großen Wert auf einwandfreie Hefteinträge.
Hort extreme Überlastung
Doch die Entscheidung, Emil nach der Schule im Hort betreuen zu lassen, erweist sich als falsch. Was eigentlich dazu dienen sollte, Emils sozialen Rahmen zu vergrößern, führte zu einer totalen Überforderung für ihn.
Ein Vormittag in der Schule ist für Emil deutlich anstrengender als für Jonas. Er braucht am Nachmittag dringend Zeit für sich, um in Ruhe zu spielen und die Erlebnisse in der Schule mit einer engen Bezugsperson zu reflektieren. Seine Hausaufgaben in einer großen Gruppe zu erledigen ist für Emil ein Alptraum. Der Sozialraum Schule stellt für ihn eine große Herausforderung dar, von der er immer wieder ausreichende Auszeiten benötigt.
Obwohl sich Emil mittlerweile zu einem begeisterten Leichtathleten entwickelt hat, lehnt er den Eintritt in einen Sportverein entschieden ab. Er beginnt ein Gespür dafür zu entwickeln, welche sozialen Situationen er sich zumuten kann und will.